Unerwartete Budgetüberschüsse bei Bund und Kantonen

Die Frage der Woche lautet: Unerwartete Budgetüberschüsse bei Bund und Kantonen? Erfreuliche Zufälle oder Resultat von Manipulationen?

Bei seinem Abgang im Herbst 2010 wurde der ehemalige FDP-Finanzminister Hans-Rudolf Merz von seinem Parteifreund Fulvio Pelli als «bester Finanzminister Europas» gelobt. Ein schlechter Witz angesichts der massiven Budget-Fehleinschätzung und der damit verbundenen Sparübungen und fehlenden Investitionen.

Der Bund hat für das Jahr 2010 ein Defizit von 2 Milliarden Franken budgetiert und mit einem Überschuss von 3.6 Milliarden abgeschlossen. Das macht eine Fehleinschätzung von sage und schreibe 5.6 Milliarden Franken. Auch in den Kantonen sind pessimistische Budgetierungen an der Tagesordnung: Der Kanton Zürich hat sich für das Jahr 2010 um 1 Milliarden Franken verrechnet, anstelle eines Defizits erzielte er ein Plus von ca 600 Millionen.

 

Es ist sicherlich eine schwierige Aufgabe, Einnahmeprognosen korrekt zu fällen und Ausgaben genau zu budgetieren. Aber schwierige Prognostizierbarkeit hin oder her, die chronisch pessimistischen Einschätzungen sind Teil einer bürgerlichen Strategie. Sie betreiben Schwarzmalerei, um den Spardruck aufrechterhalten und begründen zu können. Nur so lassen sich Sparübungen bei den Sozialwerken und Steuergeschenke an Reiche erklären. Der Kanton Zürich ist bestes Beispiel dafür, wie immer mehr eine Politik für eine kleine privilegierte Minderheit betrieben wird. Im Vorfeld zur Abstimmung über die Abschaffung der Pauschalbesteuerung drohten sie mit Mindereinnahmen, sollte das Volk die Abschaffung befürworten. Ihr Spiel ist nicht aufgegangen: Wie die Rechnung 2010 zeigt, erzielte der Kanton trotz oder gerade wegen der Abschaffung der Pauschalbesteuerung Mehreinnahmen. Sie spielen ihr Spiel dennoch weiter. Während die bürgerliche Mehrheit Steuergeschenke an reiche Privatpersonen und Unternehmen verteilen will, betreiben sie Sparübungen auf dem Buckel der Mehrheit.
Das Sparprogramm San10, welches Kürzungen bei den Prämienverbilligungen und im Bildungsbereich beinhaltet, wurde mit der schlechten Finanzlage begründet. Mit dem erzielten Überschuss gerät die bürgerliche Mehrheit in grosse Erklärungsnot.

 

Egal ob auf kantonaler oder nationaler Ebene: das Märchen, wir könnten uns unsere Sozialwerke, den öffentlichen Verkehr oder unser qualitativ hochstehendes Bildungswesen nicht mehr leisten und müssten sparen, glaubt nach den massiven pessimistischen Fehleinschätzungen der bürgerlichen Politiker wohl niemand mehr!