Plastikrecycling – kann das gut gehen?

Plastikrecycling gibt es in Deutschland schon 30 Jahre – und viele Jahre lief es nicht so gut. Dank Vorarbeit, neuen Innovationen und politischem Rückenwind macht es aktuell jedoch auch hierzulande Sinn und wird von der SP in Winterthur als Mittel zur CO2-Reduktion vorangetrieben.

Eine Woche nach der „Klimasitzung 2021“ überwiesen wir im Gemeinderat meine Motion „Sammeln und Recycling von Kunststoffabfällen“. Was schnell und einfach tönt, hat 20 Monate Vorgeschichte… Am Anfang stand ein Bericht im Landboten (12.11.2019). Da mit Kunststoff in der KVA indirekt Erdöl verbrannt wird, ist es ein Gebot, dies ebenso zu verhindern wie die Nutzung fossiler Energie. Ich begann mit Recherchen.

 

Für die Kunststoffherstellung werden heute weltweit 8% der gesamten Erdölförderung eingesetzt. Die eine Hälfte (von diesen 8%) haben wir nachher als Plastik in der Hand. Die andere Hälfte wird für Transport, Raffinerie und Fabrikation verbraucht. Global könnte Plastikrecycling diese 8% Umsatz an Erdöl vermeiden.

 

In der Schweiz mit ihrem hohen Lebens-, Konsum- und Verpackungsstandard wird pro Kopf 6x mehr Plastik umgesetzt, als in andern Ländern. Da haben wir eine grosse Verantwortung, auch wenn unser Umsatz für Heizöl, Kerosin und Benzin ebenfalls überproportional hoch ist.

 

Recycling ist die kurzfristige Alternative dazu, Plastik komplett aus dem Umlauf zu nehmen. Letzteres ist nicht so schnell möglich, z.B. wegen Vorschriften bei Lebensmittelverpackungen. Heute werden in Verpackungen verschiedene Kunststoffsorten vermischt, was die Sortierung erschwert und bei einem gewissen Anteil gar das Recycling unmöglich macht. Dagegen sind auf europäischer Ebene rechtliche Änderungen und in der Schweiz immerhin politische Vorstösse im Gange. Andererseits gibt es seit Kurzem neue Verfahren, die dieses Problem technisch lösen und in Deutschland bereits umgesetzt werden (ENESPA, Appenzell; DePoly, Sitten). Weitere Verfahren werden international an Hochschulen entwickelt.

 

Während ich in Winterthur mit den Grünliberalen und Grünen an den technischen Grundfragen und an der detaillierten Formulierung des Vorstosses arbeitete, schien die Geschichte uns zu überholen: Zürich machte bereits einen Sammelversuch und die Migros kündigte an, innert Jahresfrist gesamtschweizerisch die Sammelsäcke von www.sammelsack.ch zu verkaufen und wieder anzunehmen. Allerdings wurde Migros von der Politik gestoppt: Das Einsammeln von Haushaltabfällen – und damit das gesamte Recyclinggeschäft – gehört von Gesetzes wegen in die Verantwortung der Gemeinden. Und hier sind wir mit unserer Forderung wieder aktuell: Die Gemeinde Winterthur muss mit gutem Beispiel vorangehen und ermöglichen, dass Gewerbe und Private auf dem ganzen Stadtgebiet Plastik separat sammeln können.

 

Über den Jahreswechsel haben die Betriebe des Vereins Schweizer Plastic Recycler (VSPR) mit der EMPA Dübendorf ein Zertifizierungssystem entwickelt, um nachzuweisen, dass der Plastik „richtig“ verwertet wird, d.h. nirgends verschwindet, so dass die Separatsammlung für die Umwelt wirklich sinnvoll ist. Das kantonales Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (AWEL) hat das System geprüft und empfiehlt es zur Anwendung: Wir können damit sicher sein, etwas Gutes für die Umwelt zu tun und CO2-Emissionen zu senken.

 

Die diesen Frühling erfolgte Auswertung des Gratis-Sammelversuchs in Zürich zeigt dasselbe Hauptproblem, das auch der Leiter Entsorgung in Winterthur (A. Bachofner; Dept. Bau) sieht: Man hat es mit grossen Mengen zu tun: Der Plastik macht bis zu 50% des Volumens unseres Zivilisationsabfalls aus. Mein Vorschlag wäre, dass in Winterthur Restmüll und Plastik abwechselnd alle 2 Wochen eingesammelt werden sollen, dann braucht es keine zusätzlichen Entsorgungstouren. Klar ist, dass Winterthur nicht allein dabei ist, solche Fragen zu lösen, sondern mit Migros, der Stadt Zürich, den vielen Gemeinden, die bereits separate Plastiksammlung zulassen und mit der im nahen Eschlikon TG beheimateten Innorecycling AG zusammenarbeiten kann und muss.

 

Für uns im privaten Bereich gilt:

  1. Weiterhin versuchen, so wenig wie möglich Plastik umzusetzen.
  2. Die bestehenden Sammelmöglichkeiten bei den Supermärkten (alle Flaschen, PET-Getränkeflaschen sowieso!) nutzen.
  3. Styropor geht zu Maag-Recycling (gegenwärtig wird dieser nur dort rezykliert).
  4. Schon jetzt Sammelsäcke kaufen und im Tössfeld oder Oberi voll abliefern!