Gemeinderat Joggi Riedtmann nimmt Stellung

Die Schulpräsidentin Carla Loretz hat sich am 12. Juni 2020 – noch vor dem Entscheid des Bezirksrates, also in einem laufenden Verfahren – in der Zürichsee-Zeitung ausführlich zum Konflikt zwischen Schulpflege, Gemeinderat und ihrer Person vernehmen lassen. Schulpflege und Gemeinderat Horgen waren während des gesamten Verfahrens loyal und haben sich inhaltlich nie zu konkreten Vorwürfen vernehmen lassen. Nach Abschluss des Verfahrens ist dies nun erstmals möglich: Hier die Stellungnahme des Liegenschaftenvorstehers, die der Gemeinderat vollumfänglich unterstützt.

Anschliessend an die Textelemente des obigen ZSZ-Artikels in fetter Schrift die Stellungnahmen des Liegenschaftenvorstehers und Mitglieds des Finanzausschusses Joggi Riedtmann (SP Horgen).

 

ZSZ 12.6.2020: Erstmals äussert sich Horgens Schulpräsidentin Carla Loretz (parteilos) zum Streit, der seit über einem Jahr zwischen ihr und den restlichen Schulpflegemitgliedern wie auch dem Gemeinderat tobt, und zu den gegen sie erhobenen Vorwürfen vonseiten der übrigen Behördenmitglieder. Diese werfen ihr unter anderem mangelnden Führungswillen, schlechte Kommunikation und Intransparenz vor. Zudem habe sie gegen das Kollegialitätsprinzip verstossen. Weil die Zusammenarbeit mit Loretz sich so schwierig gestalte, hat die Schulpflege ihrer Präsidentin seit Oktober verschiedene Kompetenzen entzogen. Neben der Aufsicht über die Schulfinanzen auch die Zuständigkeit für die operative Führung des Schulsekretariats und die Personalführung.

 

ZSZ: Seit Monaten kommt die Schulpflege nicht zur Ruhe. Wie konnte die Situation so eskalieren?
Loretz: Wenn ich wüsste, wo ansetzen, wäre es vermutlich nicht so weit gekommen. Bei meinem Amtsantritt war vieles neu in der Schulpflege. Die Kompetenzen innerhalb der Behörde waren neu verteilt, das Präsidium hatte erstmals die Finanzen unter sich, es gab eine neue Rechnungslegung, und die Schule Hirzel musste integriert werden. Zudem ging Horgens langjähriger Schulsekretär 2019 in Frühpension. Es kam also viel Arbeit auf die neue Schulpflege zu. Das Zusammenspiel innerhalb der Behörde war seit den Erneuerungswahlen 2018 schwierig, die persönlichen Gründe der einzelnen kenne ich nicht. Ich glaube aber, dass es auch damit zu tun hat, dass ich erst im zweiten Wahlgang ins Rennen um das Schulpräsidium einstieg und dann die Wahl haushoch gewann. Das haben die Behördenmitglieder vermutlich in den falschen Hals bekommen, schliesslich handelt es sich hierbei um das zweitwichtigste Amt in der Gemeinde.

Riedtmann: Vielleicht hat das schwierige Verhältnis innerhalb der Schulpflege eher damit zu tun, dass sich die Schulpräsidentin kurz nach ihrer Wahl im Schulblatt des Kantons Zürich öffentlichkeitswirksam dahingehend geäussert hat, dass sie eine Professionalisierung der Behörde begrüssen würde [Schulblatt des Kantons Zürich 02/2019]. Es ist vielleicht nicht gerade die ideale Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit, wenn der eigenen Behörde Unprofessionalität unterstellt wird.

 

ZSZ: Man hört, Sie seien überfordert und nehmen Ihre Führungsrolle nicht wahr. Was sagen Sie dazu?
Loretz: Das Problem ist nicht, dass ich nicht führen will. Das Problem ist, dass die restliche Schulpflege meine Führung nicht akzeptiert und mir eine Zuständigkeit nach der anderen entzieht. Meine Vision für die Schule Horgen war eine engere Zusammenarbeit mit den Schulleitungen, denn sie sind unsere Profis. Klar, liegen strategische Entscheide bei der Schulpflege, ich wollte die Schulleitungen aber stärker in die Entscheidungsfindung einbinden. Deshalb waren sie bei der Klausur zur Definition der Legislaturziele Anfang 2019 mit dabei. Meine Auffassung über die Zusammenarbeit barg von Anfang an gewisses Konfliktpotenzial und sorgte für Diskussionen, aber als Schulpräsidentin habe ich daran festgehalten.

Riedtmann: Das Problem ist die Erfahrung von Schulpflege und Gemeinderat, dass sich die Schulpräsidentin Carla Loretz regelmässig nicht an geregelte Abläufe und eigene Abmachungen hält. Es geht also nicht um die Auffassung der Zusammenarbeit mit den Schulleitungen, sondern primär einmal um die Amtsauffassung von Carla Loretz selbst. Finanzrechtliche Vorgaben einzuhalten, sich an Abmachungen zu halten, Anfragen zeitgerecht zu beantworten und zur vereinbarten Zeit an Sitzungen zu erscheinen sind Grundvoraussetzungen einer erspriesslichen Zusammenarbeit.

 

ZSZ: Im Sommer wurde bekannt, dass Ihnen das Finanzdossier entzogen wurde. Es heisst, Sie hätten bei Gemeinderat und Schulpflege widersprüchliche Angaben gemacht.
Loretz: Der Finanzausschuss des Gemeinderats hat das Budget 2020 als Ganzes zurückgewiesen. Alle Ressorts, auch die Schulpflege, mussten nochmals über die Bücher. Abgemacht war, dass die Schulpflege das Budget in einer ausserordentlichen Sitzung bereinigt. An der besagten Sitzung wurde ich gleich zu Beginn mit dem Antrag konfrontiert, mir das Ressort per sofort zu entziehen und wieder Herrn Ruggli (Schulpflege- und CVP-Mitglied, Anmerk. d. Red.) damit zu betrauen. Die Schulpflege bereinigte daraufhin das Budget und strich zuvor genehmigte Posten für Zusatzkosten. Dieses bereinigte Budget musste ich dann im Gemeinderat vertreten, und offenbar bestand die Erwartungshaltung, dass ich Anträge für Zusatzkosten erneut anbringe.

Riedtmann: Frau Loretz braucht sich nicht über „offenbare Erwartungshaltungen“ auszulassen: Es würde reichen, zu ihren eigenen Aussagen zu stehen. An der Budgetsitzung 2020 des Gemeinderats hat sich die Schulpräsidentin nicht ein einziges Mal zum Budget Bildung zu Wort gemeldet. Der Schulpflege hat sie dann aber die Rückmeldung gemacht, ihre Budgetanträge seien leider nicht mehrheitsfähig gewesen!

 

ZSZ: Ein weiterer Vorwurf gegen Sie lautet, dass Sie das Kollegialitätsprinzip missachtet haben.

Loretz: Als Schulpräsidentin bin ich verschiedenen Kollegialitätsprinzipien unterstellt, denn ich gehöre durch mein Amt auch zum Gemeinderat. Ich bin der Auffassung, dass meine Aufgabe darin besteht, die Schulpflege respektive die Schule im Gemeinderat zu vertreten und nicht den Gemeinderat in der Schulpflege. Der Vorwurf legt nahe, dass der Gemeinderat wohl eine andere Auffassung hat.

Riedtmann: Das Problem mit Frau Loretz bezüglich des Kollegialitätsprinzips ist nicht, dass sie die Haltung des Gemeinderates in der Schulpflege nicht vertritt (was selbstverständlich genauso wie das Vertreten der Haltung der Schulpflege im Gemeinderat zu ihren eigentlichen Aufgaben zählen würde). Vielmehr missbraucht sie das Kollegialitätsprinzip immer wieder, indem sie die von ihr hochgehaltenen Anspruchsgruppen informiert, bevor die Behörde formell entschieden hat, um diese damit unter Druck zu setzen.

Und wenn die Schulpräsidentin Carla Loretz schon der Auffassung ist, dass ihre Aufgabe darin bestehe, die Schulpflege im Gemeinderat zu vertreten, dann soll sie sich doch bitte auch daran halten. Obwohl die Schulpflege dem Neubau des Schulhauses Allmend zugestimmt hatte, hat Carla Loretz im Gemeinderat dagegen gestimmt – soviel zu ihrem Verständnis des Kollegialitätsprinzips …

 

ZSZ: Können Sie ein Beispiel nennen?
Loretz: Erst kürzlich, als es um die Revision der Gemeindeordnung ging, musste das Kollegialitätsprinzip erneut thematisiert werden, da der Gemeinderat allein vorberaten hat und die Schulpflege zu einem späteren Zeitpunkt zur Vernehmlassung eingeladen worden ist.

Riedtmann: Tatsächlich ist die Kommunikation des Entwurfs zur Revision der Gemeindeordnung gegenüber den selbständigen Behörden (Rechnungsprüfungskommission [RPK] und Schulpflege) vom Gemeinderat thematisiert worden. Der Gemeinderat hat daraufhin die Kommunikation gegenüber der RPK dem Gemeindepräsidenten, diejenige gegenüber der Schulpflege der Schulpräsidentin Carla Loretz delegiert. Diese hatte nichts Geschickteres zu tun, als – im diametralen Gegensatz zum Entscheid des Gemeinderates – der Schulpflege mitzuteilen, sie dürfe dieser den Revisionsentwurf nicht offenlegen, weswegen der speziell dafür eingeladenen externen Fachperson nichts Anderes übrigblieb, als die Mustergemeindeordnung des Kantons vorzustellen (die selbstverständlich allen Schulpflegemitgliedern bereits bekannt war) …

 

ZSZ: Haben Sie keine Fehler gemacht?
Loretz: Mein grösster Fehler war wohl, dass mir nicht klar war, wie sehr sich meine Grundhaltung unseren Anspruchsgruppen aus Eltern, Lehrpersonen und Schulleitungen gegenüber von jener der restlichen Schulpflege unterscheidet. Ich möchte diese Gruppen in Entscheidungen einbeziehen, was den übrigen Schulpflegemitgliedern offenbar Mühe bereitet. Es ist mir nicht gelungen, sie für einen Kulturwandel ins Boot zu holen. Im Frühling letzten Jahres hätte der Konflikt in der Schulpflege vielleicht gelöst werden können, ich mass dem aber zu wenig Wichtigkeit zu. Die Priorität legte ich auf den Schulbetrieb und die Bewältigung der hohen Arbeitslast, die dann im Hinblick auf das neue Schuljahr anfällt. Damals hätte ich versuchen sollen, den Streit zu klären. Bestimmt habe ich nicht damit gerechnet, dass die Situation dann so eskaliert. Die Vorwürfe wurden nicht in bilateralen Gesprächen an mich herangetragen, sondern kamen von der Schulpflege oder dem Gemeinderat als Ganzes, teils auch in emotionalen Ausbrüchen. Damit war ich überfordert.

Riedtmann: Wenn in diesem Konflikt jemand emotional gewesen ist, dann Carla Loretz selber: Inzwischen hat sie zwar damit aufgehört, weil es wirkungslos geblieben ist, aber Schulpflege und Gemeinderat haben mehrfach erlebt, dass Carla Loretz anstelle einer sachlichen Argumentation in Tränen ausgebrochen ist.

 

ZSZ: Gab es Versuche, die Situation zu deeskalieren?
Loretz: Letzten Juni gab es dann eine Aussprache zwischen Schulpflege und Gemeinderat mit einem externen Moderator. Dabei sollten die verschiedenen Baustellen der Schule angegangen werden. Besprochen wurde davon jedoch nichts, sondern es ging nur darum, was ich offenbar alles falsch mache. Von den Empfehlungen des Moderators konnte in der kurzen Zeit bis zur nächsten Eskalationsstufe nichts umgesetzt werden. Bereits Mitte Juli wandte sich der Gemeinderat an den Bezirksrat.

Riedtmann: Wenn einen ein Kollegialmitglied wie die Schulpräsidentin Carla Loretz wiederholt falsch informiert oder Fragen nicht oder nicht korrekt beantwortet, dann ist das Vertrauensverhältnis irgendwann grundsätzlich in Frage gestellt. Der Moderator wurde deswegen von beiden Behörden mehrfach darauf hingewiesen, dass nicht der Gemeinderat ein Problem mit der Schulpflege hatte, sondern Schulpflege und Gemeinderat ein Problem mit Carla Loretz!

 

ZSZ: Jetzt stehen Sie allein auf weiter Flur. Gibt Ihnen das nicht zu denken?
Loretz: Natürlich gibt mir das zu denken. Ich verspüre aber immer noch grossen Rückhalt seitens Lehrpersonen und Schulleitungen. Auch aus der Bevölkerung erhalte ich nach wie vor viel Zuspruch. Tatsächlich stehe ich aber in den beiden Behörden allein da und muss immer wieder Unverschämtes über mich ergehen lassen.

Riedtmann: So eine Aussage kann nur jemand machen, der bei jeder negativen Rückmeldung das Gefühl hat, diese betreffe die eigene Amtsführung nicht. Wenn Carla Loretz das klassische Führungsprinzip ernst nehmen würde, dass Reklamationen Chefsache sind, dann wären solche Aussagen nicht mehr zulässig. Und die demokratische Legitimation hat nicht nur Carla Loretz: Die Mitglieder von Schulpflege und Gemeinderat sind alle ebenfalls vom Volk gewählt worden!

 

ZSZ: Gemeinderat und Schulpflege befürchten, dass die Schule an die Wand gefahren wird, wenn es so weitergeht. Was machen Sie, damit das nicht passiert?
Loretz: Fakt ist, dass ich seit letztem Oktober so gut wie keine Zuständigkeiten mehr habe. Diese Aufgaben wurden mir systematisch entzogen und auf die anderen Schulpflegemitglieder verteilt. Besser geworden ist seither nichts, aber ich soll immer noch schuld an allem sein, was nicht läuft. Das geht nicht auf. Ich wünsche mir, dass man sich wieder auf den Inhalt konzentrieren würde, statt mit so grossen Worten und vagen Vorwürfen um sich zu werfen und einen Sündenbock für Versäumnisse der Vergangenheit zu suchen.

Riedtmann: Das Grundproblem bleibt bestehen, dass die Schulpflege von Carla Loretz nie geführt wurde. Mit dem Entzug einzelner Kompetenzen ist dieses Führungsvakuum nicht aufgefüllt, sondern nur aufgeteilt worden. Inzwischen weiss niemand mehr, wen er für welche Anliegen ansprechen kann oder soll …

 

ZSZ: Wie wirkt sich der Streit auf die Schule aus?
Loretz: Auf die Lehrpersonen und den Schulbetrieb an sich hat der Konflikt noch keine grossen Auswirkungen. Die Lehrerschaft hat aber klar den Wunsch geäussert, dass die Streitereien aufhören sollen. Die Schulleitungen hatten lange einen gesunden Abstand zu allem. Inzwischen ist es aber auch für sie eine grosse Belastung. Auch weil es zu Unklarheiten darüber führt, wer wofür zuständig ist.

Riedtmann: Solange das aufsichtsrechtliche Verfahren nicht abgeschlossen war, durften sich Schulpflege und Gemeinderat nicht zu den Vorwürfen an die Schulpräsidentin äussern – und sie haben sich konsequent daran gehalten. Carla Loretz hingegen hat immer wieder verlauten lassen, dass sämtliche Vorwürfe haltlos seien. Mit dem Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens hat sich das nun geändert, auch wenn der Entscheid des Bezirksrats einseitig, unvollständig, mutlos und nicht umsetzbar ist.

Darum nun also Klartext: Carla Loretz fühlt sich für Konflikte an der Schule Horgen nicht verantwortlich, sie plant Schulraum nicht nachhaltig, sie hält sich nicht an etablierte Verfahrensregeln, sie bleibt versprochene Informationen ohne Erklärung über Monate schuldig, sie nimmt Termine nicht sehr ernst und sie nimmt es mit der Wahrheit nicht immer so genau.

 

ZSZ: Inzwischen haben sämtliche Konfliktparteien Anwälte eingeschaltet.
Loretz: Gemeinderat und Schulpflege leisten sich ihre Anwälte auf Kosten des Steuerzahlers. Ich bezahle meinen Anwalt selber, in einem Streit, den ich nicht begonnen habe.

Riedtmann: Begonnen hat die Schulpräsidentin Carla Loretz den Streit vielleicht nicht, aber sie war der Auslöser dafür. Und Gemeinderat und Schulpflege haben sich erst anwaltschaftlich vertreten lassen, nachdem dies Carla Loretz getan hat!

 

ZSZ: Glauben Sie, dass sich die Schulpflege als Ganzes wieder zusammenraufen kann?
Loretz: Ich glaube nicht, dass wir um Neuwahlen herumkommen. Damit könnte man einen Schlussstrich ziehen. Auch wenn Schulpflege und Gemeinderat es fordern; man kann mich nicht zum Rücktritt zwingen. Würde ich abgewählt oder durch den Bezirksrat des Amtes enthoben, wäre es etwas anderes. Aber ich lasse mich nicht aus einem Amt herausekeln, in welches ich gewählt wurde.

Riedtmann: Niemand zwingt die Schulpräsidentin Carla Loretz zum Rücktritt. Wenn ihr aber laut Bezirksrat keine Ordnungswidrigkeiten anzulasten sind, dann ist der Bezirksrat wohl der Meinung, dass das die neue Ordnung sei: Und dann Gnade Gott der Gemeinde Horgen. Es bleibt zu hoffen, dass der Regierungsrat als Rekursbehörde mehr Gespür dafür aufbringt, in was für eine schwierige Situation Carla Loretz als Person die Gemeinde gebracht hat, und dass er sie zugunsten funktionierender Gemeindebehörden endlich im Amt einstellt!

 

Horgen, 15. Juni 2020

Dr. med. H-J. Riedtmann-Klee
Gemeinderat Horgen